Halle (Saale): angemessenes Gedenken an den Terroranschlag vom 9. Oktober 2019 im Jahr 2022 nicht „abbildbar“

Am 9. Oktober 2019 versucht ein schwer bewaffneter Rechtsextremist an Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag, in die im Paulusviertel gelegene Synagoge in Halle (Saale) einzudringen, um die dort versammelten Menschen zu töten. Nachdem er an der Tür scheiterte, erschießt er auf offener Straße eine an ihm vorbeilaufende Frau, im nahegelegenen Kiez-Döner einen Mann und verletzt bei seiner Flucht zwei weitere Menschen. 

Der rechtsterroristische Anschlag wurde vom Täter nicht nur im Internet angekündigt, er „filmte die Tat mit einer Helmkamera und übertrug die Bilder live ins Internet. In dem Video äußert er sich massiv judenfeindlich und bezieht sich auf antisemitische Verschwörungstheorien. In einem im Internet kursierenden Dokument soll der Attentäter als sein Ziel angegeben haben, „so viele Anti-Weiße zu töten wie möglich, vorzugsweise Juden“. (1) In dem menschenverachtenden Manifest finden sich neben antisemitischen, rechtsextremistischen und rassistischen auch antifeministische Äußerungen.

Noch am Abend des 9. Oktober 2019 versammelten sich hunderte Menschen auf dem Marktplatz in Halle, um der Opfer des rechtsterroristischen Terroranschlags zu gedenken. Auch Tage später galt ein Teil des Marktplatzes als Ort, an dem Menschen ihre Anteilnahme und ihre Trauer bekundeten. 

Am 9. Oktober 2022 findet in Halle auf dem Marktplatz der Mitteldeutsche Marathon statt – zeitgleich zum Gedenken an den Terroranschlag von 9. Oktober 2019. Auf die berechtigte Frage an die Stadt, ob man dieses Vorgehen für „richtig und angemessen“ halte, antwortete Grundsatzreferent Oliver Paulsen „man wolle kein öffentliches Gedenken am Mittag auf dem Markt, halte dies auch nicht für sinnvoll.“ Weiterhin teilte Paulsen mit, dass „Solch ein Aufwand, wie bei den Gedenkveranstaltungen im ersten Jahr nach dem Anschlag, nicht abbildbar sei.“ (2)

Die Attentate von Utoya, Christchurch und Halle sind blutige Mahnmale für die immer größer werdende Bedrohung von Verschwörungsideologien und dem daraus erwachsenden Terror von rechts. Und die Stadt Halle (Saale) hält ein angemessenes und dementsprechend respektvolles Gedenken bereits im dritten Jahr nach dem Attentat für „nicht abbildbar“! 

(1) https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/316638/der-anschlag-von-halle/

(2) https://dubisthalle.de/mitteldeutscher-marathon-am-terrorgedenktag-stadtverwaltung-haelt-gedenken-auf-dem-markt-nicht-fuer-sinnvoll

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